5. Dezember 2015

Erfahrungsbericht von Martina Stürner

Zahnmedizinischer Einsatz in Haiti vom 6.11.-21.11.2015

Im Dunkeln und mit unseren Rucksäcken auf dem Schoß ruckeln wir auf der Landstraße von Port au Prince nach Meyer ins Gebirge. Es ist als ob wir in einer vollkommen anderen Welt gelandet wären. Bereits um 18h ist es völlig dunkel, an den Straßen brennen keine Straßenlaternen, dafür aber immer wieder kleine offene Feuerstellen, um die sich die haitianische Bevölkerung in Grüppchen versammelt. Noch können wir von dem wunderschönen Land nichts sehen, doch trotz aller Müdigkeit sind wir gespannt und voller Vorfreude auf die kommenden zwei Wochen.
Zu viert haben wir uns von Deutschland aus auf den Weg gemacht: Dr. Kirsten Holst, Martina Stürner, Simon und Christine Betsch- alle Mitglieder in der Gemeinde Konkordia in Bühl.
Unser erstes Ziel ist das Haus von Anneliese Gutmann, die uns samt ihren Hunden und Katzen einen herzlichen Empfang bereitet. Wir sind froh nach der langen Anreise endlich angekommen zu sein und genießen es im neuen komfortablen Gästehaus übernachten zu dürfen.
Die ersten beiden Tage nutzen wir, um uns zu akklimatisieren und unser Equipment für den ersten Einsatz vorzubereiten. Dann geht es los und wir ruckeln wieder stundenlang auf der Landstraße, diesmal Richtung Westen, nach Les Cayes. Anneliese Gutmann hat den Kontakt zu zwei haitianischen Ärzten hergestellt. Beide haben bei ihr in Meyer die Schule absolviert. Nun versuchen sie in Les Cayes eine kleine Klinik aufzubauen. Später soll auch noch eine Schule entstehen. Bisher ist es leider nur einmal monatlich möglich in dieser Klinik eine notdürftige medizinische Versorgung anzubieten und dieses Mal könnten wir zusätzlich mit einer kostenlosen zahnärztlichen Behandlung dienen.
Anfangs kommen die Patienten nur zögerlich, aber rasch steigt die Zahl der zu Behandelnden auf 30-40 Personen pro Tag an. Der Bedarf und die Not ist so groß, dass wir uns dazu entschließen noch einen zusätzlichen Behandlungstag anzuhängen.
Dann führt unser Weg wieder zurück nach Meyer, wo wir in den Genuss kommen, die Gemeine in Gerard zu besuchen und einen dreistündigen Gottesdienst in Haiti erleben. Christine Betsch darf sogar im Kindergottesdienst mitwirken, indem sie biblische Geschichten erzählt. Diese werden von Anneliese übersetzt und mit lebhaften Gesten untermalt. Die Kinder sind ganz bei der Sache und begeistern uns beim Lobpreis.

Nach dem erholsamen Wochenende starten wir unseren zweiten Einsatz. Diesmal fahren wir ins Gesundheitszentrum nach Meyer. Dort unterstützt uns Anneliese bei der Aufnahme der Patienten, die schon zahlreich auf uns warten. Einige nehmen stundenlange Fußmärsche in Kauf und warten dann weitere Stunden geduldig vor dem Zentrum, nur um einen Zahn ziehen zu lassen.
Hier erreichen wir an einem Tag einen Rekord von 55 Zahnbehandlungen, hierbei ist zu bedenken, dass bei manchen Patienten gleich mehrere Zähne gezogen werden müssen. Wir verteilen an jeden Patienten eine Zahnbürste samt Zahnpasta. Gerade an diesen einfachen Dingen mangelt es und jeder weiß, was eine ungenügende Zahnhygiene anrichtet. Außerdem haben wir noch zur Prophylaxe Behandlung Fluorlösung mitgebracht. Diese soll in der Schule in Meyer zum Einsatz kommen. Dazu wurde Karin, eine Studentin aus Deutschland, die zur selben Zeit in Meyer war, von Dr. Kirsten Holst eingewiesen, damit die Schüler eine adäquate Prophylaxe Behandlung erhalten. Natürlich bekommt auch jeder Schüler eine Zahnbürste und -pasta.
Insgesamt konnten wir ca. 300 Patienten behandeln, haben ca. 3.500 Ibuprofen(Schmerztabletten) und ca. 1.100 Antibiotika verteilt.
Die Menschen in Haiti sind von Herzen dankbar von ihren Schmerzen befreit zu werden. Es ist dort nicht selbstverständlich, Medikamente zu erhalten und der Preis für eine reguläre Zahnbehandlung ist für die meisten nicht bezahlbar.

Wir haben wunderbare Erfahrungen gemacht, durften Wunder erleben. Es war eine herausfordernde und anstrengende Arbeit, doch Gott hat uns als sehr gut funktionierendes Team zusammengestellt und mehrfach Gebete erhört, als Zähne, die ungünstig oder sehr fest saßen, einfach so „herausgesprungen“ sind.
Die Zeit in Haiti hat uns tief beeindruckt und geprägt und wir sind unendlich dankbar dafür! Wieder ins kalte Europa zurückzufliegen ist uns nicht leicht gefallen.