11. April 2017

Rundbrief April 2017

Liebe Haiti-Freunde,

Haiti hat nach langem Hin und Her endlich einen neuen Präsidenten! Der im November 2016 gewählte Jovenel Moïse wurde Anfang Februar für die nächsten fünf Jahre vereidigt. Es ist zu hoffen, dass er dem Land nach dem über ein Jahr währenden Wahlchaos etwas Stabilität zurückbringen kann. Die größten Herausforderungen wer-den jedoch auch für ihn die chronisch schlechte wirtschaftliche Lage des Landes und die tief gespaltene Gesellschaft sein.

Erfahrungsbericht aus dem „Centre de Santé de Meyer“

Anneliese bekommt weiterhin viel Besuch von jungen Menschen, die sich für das Land und die Verhältnisse vor Ort interessieren. Hier berichtet Jemima Schibli über ihr Praktikum im staatlichen Gesundheitszentrum von Meyer:

Im Januar und Februar 2017 habe ich im Centre de Santé de Meyer mitgeholfen. Zuvor hatte ich gerade ein viermonatiges Praktikum auf der Geburtsstation des Unispitals Basel absolviert. Das heißt, ich war daran gewöhnt, in medizinischer Umgebung zu sein und Hygienevorschriften waren mir sehr vertraut. Daher war ich bei unserem ersten Rundgang durch das Gesundheitszentrum zuallererst verwundert, wie sich dieses Gebäude überhaupt Gesundheitszentrum nennen darf. Medizinischer Müll lag verstreut herum und das Verbandszimmer sah so unhygienisch und unsteril aus, dass ich mich nicht mal dorthin setzen wollen würde. Doch wie soll man sagen… Der Mensch gewöhnt sich schnell an neue Umstände.


Im Gesundheitszentrum gibt es momentan zwei Krankenschwestern und einen Arzt. Miss Odette kommt von Montag bis Mittwoch und Miss Bernadette von Mittwoch bis Freitag. Docteur Nicolas ist nur donnerstags und freitags da, Unfälle und spezielle Krankheiten “durften“ daher nur an diesen beiden Tagen passieren. Übrigens ist es ganz normal und kein Grund zur Aufregung, wenn der Arzt auch mal eine Woche gar nicht kommt. Mittwochs ist regulärer Impftag und Dienstag und Freitag sind normalerweise immer ein bisschen mehr Patienten anwesend, da an diesen Tagen der Markt direkt gegenüber ist. Die Haitianer kommen in dieses Zentrum um entweder ihr Baby impfen zu lassen, einen Verband neu zu legen oder um Medikamente verschrieben zu bekommen. Häufig kommen auch Schwangere für eine oberflächliche Untersuchung, mehr ist hier leider nicht möglich. Manchmal wird noch eine Laboruntersuchung oder ein Ultraschall verschrieben, doch die Haitianer haben kein Geld oder nicht den Willen, ihr Geld dafür auszugeben. Daher werden Medikamente einfach nach den Symptomen des Patienten verschrieben.

Wenn man als Außenstehender in so ein Gesundheitszentrum kommt, fragt man sich, wie hier überhaupt etwas funktionieren kann. Aber in seiner eigenen, haitianischen Weise hat es doch System. Als erste weiße Praktikantin dort wusste das Personal anfangs nicht ganz, wie ich in dieses System einzuordnen war. Die ersten Wochen habe ich eher zugeschaut, nach und nach habe ich dann das Wie-gen und Blutdruckmessen der Patienten übernommen und bei den Impfungen alles in die Impfpässe und Register eingetragen. In den letzten Wochen habe ich dann, außer Medikamente zu verschrei-ben, so gut wie alles übernommen. Die Untersuchungen, die hier unternommen werden sind nicht weiter schwer und die häufigsten Krankheiten, mit denen die Patienten in dieses Zentrum kommen sind an einer Hand abzuzählen: Bluthochdruck, Vaginalinfektion, Grippe/Husten/Fieber, Diabetes oder Magenentzündung. Zusammenfassend kann ich sagen, sehr freundlich dort aufgenommen worden zu sein und ich mich während der zwei Monate sehr wohlgefühlt zu haben. Besonders mit den zwei Krankenschwestern habe ich mich sehr gut verstanden und wenn Docteur Nicolas mal da war hatte ich immer längere Diskussionen mit ihm über den Glauben oder ähnliches. Ich kann Gott wirklich nur dankbar sein für die interessanten Erfahrungen, die ich hier machen durfte!

6 Monate nach Hurrikan Matthew

Die UN hat ausgerechnet, dass der Wirbelsturm in dem Land einen Schaden von 2,7 Milliarden Dollar verursacht hat – das ist fast ein Drittel des haitianischen Bruttoinlandsproduktes.

In Meyer hat Matthew vor allem Bäume entwurzelt (s. Fotos) und die Ernte zerstört. Das abgerissene Kirchendach in Gerard konnte inzwischen wieder repariert werden. Bis die Obstbäume wieder Früchte tragen und das Warenangebot auf dem Markt sich stabilisiert, kann es allerdings eine Weile dauern.

Wir bedanken uns bei Jemima für die Einblicke aus dem Umfeld unserer Schule. Wir bitten, Gott möge Haiti dieses Jahr vor Katastrophen beschützen. Ihnen, liebe Spenderinnen und Spender, wie immer herzlichen Dank für Ihre Unterstützung!

 

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