21. Juli 2018

Rundbrief Juli 2018

Liebe Haiti-Freunde,

in diesem Rundbrief wird, wie angekündigt, der neue Konrektor der ECODEM vorgestellt sowie über den Auswanderungstrend aus Haiti berichtet. Zuvor noch einige lesenswerte Fakten zu Whistler, dem Arzt aus dem vergangenen Rundbrief:

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Annelies „Enkel-Doktor“ Whistler

Anneliese kennt Whistler bereits seit seiner Geburt, weshalb sie ihn oft scherzhaft als den „Enkel-Doktor“ bezeichnet. Sein Vater war in dem Waisenhaus, in dem Anneliese in den 1980er Jahren arbeitete, als „Hausboy“ tätig. Nach einer Schneiderlehre heiratete er und bekam als ersten Sohn Whistler. Dessen Ambition, Arzt zu werden, verlangte der insgesamt fünfköpfigen Familie einige Opfer ab, aber er erreichte sein Ziel – vorerst. Denn trotz erfolgreich abgelegter Prüfungen warten Whistler und seine Kommiliton/innen noch immer auf die staatliche Anerkennung. Obwohl die Uni die staatliche Lizenz zur Ausbildung besitzt, weigerte sich der damalige Minister wegen persönlicher Differenzen mit dem Dekan der Uni, die Unterschrift zur Zulassung zu geben. Doch die Wartezeit ließ Whistler nicht ungenutzt verstreichen: er machte eine Ausbildung zum Laborant und eine Weiterbildung zum Bedienen von Ultraschall- und Röntgengeräten.

All das Wissen kann er später gut brauchen, denn seine „Mission“ ist es, ein Zentrum mit Labor, Röntgen- und Ultraschallgerät im Süden des Landes zu schaffen. Bis heute müssen die Leute dort, wenn sie eine entsprechende Untersuchung brauchen, vier Stunden nach Port au Prince fahren. Außerdem hat er sich als Homöopath auf haitianisches Neuland gewagt. Zum ersten Mal überhaupt werden insgesamt 12 neu ausgebildete Homöopath/innen in Haiti tätig sein. Judith, Whistlers Frau, arbeitet als Bibliothekarin und versorgt die Familie. Sie hat auch Whistlers Studium mitfinanziert. Nebenbei macht sie eine Ausbildung als Krankenschwester, um ihrem Mann in der zukünftigen Praxis zu helfen.

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Der neue Konrektor der ECODEM

Elissayit St Jean war von 2000-2003 Englischlehrer an der ECODEM. Dank WhatsApp kam Anneliese wieder in Kontakt mit ihm. Er war zu dem Zeitpunkt 2. Zensor mit der Verantwortung für Disziplin an einer Berufsfachschule sowie Englisch- und Französischlehrer.

Studiert hat Elissayit ursprünglich Elektronikingenieur, aber wie Anneliese immer sagt: die Leute lernen und studieren für 5 Berufe und im 6. ungelernten verdienen sie ihr Brot. Elissayit ist 43 Jahre alt, verheiratet und Vater von zwei Kindern im Alter von 12 und 6 Jahren. In seiner knapp bemessenen Freizeit macht er Musik und versucht sich als Poet.

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Auswanderung nach Chile

Die massenhafte Auswanderung ist für Haiti schon lange ein Problem – jahrelang war das direkte Nachbarland, die Dominikanische Republik, Zielland Nummer 1, um den schlechten Lebensbedingungen und der aussichtslosen sozio-ökonomischen Lage in Haiti zu entfliehen. Inzwischen ist Chile zum beliebtesten Ausreiseland geworden: bis zu 400 Personen verlassen Haiti jeden Tag (!) in Richtung Südamerika, wo sie auf Arbeit und ein besseres Leben hoffen. Und den Daheimgebliebenen soll es natürlich auch besser gehen – 2016 wurden fast 36 Millionen US-Dollar von Chile nach Haiti transferiert.

Leider zieht diese Landflucht auch massenweise Probleme nach sich: in Chile wird Spanisch gesprochen, was viele Haitianer/innen nicht beherrschen, weshalb sie nur schwer Arbeit finden und dort nicht richtig Fuß fassen. Ihnen bleibt also doch wieder nur der Niedriglohnsektor zu schlechten Bedingungen. Weiterhin “flieht” jetzt auch die gut ausgebildete Elite aus Haiti. 84% der Uni-Absolventen arbeiten Außerlandes – dabei wären gut ausgebildete Leute im Land so wichtig, um die Verwaltung, die Infrastruktur, die Bildung und das Gesundheitswesen zu verbessern.

Es bleibt also viel zu tun in Haiti. Durch Ihre Unterstützung, für die wir uns wie immer herzlich bedanken, werden an der  ECODEM weiterhin junge Leute ausgebildet und Arbeitsplätze geschaffen, so dass hoffentlich weniger Menschen als letzte Ausflucht eine Ausreise nach Chile in Erwägung ziehen.

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Datenschutzgrundverordnung

Foundation e.V. speichert Ihre Adressen zu dem Zweck, Ihnen den Rundbrief zukommen zu lassen. Falls Sie diesen nicht mehr erhalten wollen, können Sie ihn per Email unter gervasis@t-online.de oder per Post unter Thomas Wiedmann, Münster 9, 79244 Münstertal abbestellen. Bei Spender/innen werden für den Versand der Spendenbescheinigungen die Adress- und Überweisungsdaten gespeichert.

Wir würden uns freuen wenn Sie auch weiterhin an unserer Arbeit in Haiti interessiert sind.