18. April 2019

Rundbrief April 2019

Liebe Haiti-Freunde,

zuletzt war die Lage in Haiti wieder sehr angespannt. Weil tagelang die Handynetze zusammengebrochen waren, hat sich auch das Erscheinen dieses Rundbriefs verzögert, da Annelies Berichte nicht ankamen. Aber jetzt gibt es viel zu erzählen.

Anfang dieses Jahres war die Zahnärztin Dr. Kirsten Holst mit ihrer Assistentin Susanne Mai wieder im Land, um die Menschen zu behandeln und Aufklärungsarbeit zu leisten. Kirsten Holst berichtet:

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Zahnarzteinsatz Januar 2019

Im Januar 2019 besuchten Susanne Mai und ich für ca. 2½ Wochen Anneliese Gutmann auf Haiti. Es war das vierte Mal, dass wir den Menschen vor Ort zahnärztlich dienen durften.

Dieses Mal war allerdings die Gesamtsituation auf Haiti gefährlicher als sonst. Zu den großen Unruhen und Demonstrationen in der Bevölkerung wegen der Verteuerung der Lebensmittel kamen noch Banditenbanden hinzu, die die Straßen unsicher machten, Menschen erschossen und Frauen vergewaltigten.

Wir merkten schon beim Abholen vom Flughafen, dass unser Chauffeur überaus angespannt war. Er hatte zwei Handys und ein Walkie-Talkie dabei, mit denen er in Kontakt zu anderen Menschen stand, um während der gesamten Fahrt in die Berge zu Anneliese die Gefahrenlage auf den Straßen zu prüfen. In der Nacht kamen wir erleichtert und sicher bei Anneliese an.

In Haiti gibt es ungefähr 40 Zahnärzte für mehrere Millionen Menschen. Deshalb ist das Bedürfnis nach zahnärztlicher Behandlung sehr groß. Besonders in den Bergen und in ländlichen Gebieten gibt es keine Zahnärzte im Umkreis von 50 bis 100km. Außerdem kostet einen Zahn ziehen zu lassen ca. 20 Dollar. Das Pro-Kopf-Einkommen liegt meist unter einem Dollar pro Tag. Wir durften in den nächsten Tagen im Gesundheitszentrum von Meyer viele Menschen behandeln.Alle Beteiligten waren sehr froh und dankbar, dass wir den Einsatz dort durchführten, zumal das Gesundheitszentrum noch wenige Tage vor unserer Ankunft wegen der Banditen geschlossen war. In der zweiten Woche ging es, wie bei den Besuchen in den letzten Jahren auch, mit dem Arzt Whistler in den Süden Haitis in die Nähe von Les Cayes. Auch diese Fahrt verlief problemlos und wir

konnten circa eine Woche lang Patienten vor Ort behandeln. Insgesamt behandelten wir in den 2½ Wochen etwa 200 Patienten, entfernten ca. 600 Zähne und gaben 2400 Schmerztabletten und 1200 Einheiten Antibiotika aus. Nach unserer Rückfahrt zu Anneliese durfte ich bei Schülern und Schülerinnen aus vier verschiedenen Klassen noch eine Lehreinheit über Anatomie und Physiologie der Zähne und des Gebisses und Zahngesundheit halten.

Alles in Allem war es ein sehr gelungener Einsatz. Mit Anneliese besprachen wir, dass wir jährlich einen zahnärztlichen Einsatz durchführen möchten. Beim nächsten Mal würden wir gerne eine transportable Behandlungseinheit mitbringen, mit der es möglich ist, auch Füllungen zu machen. Geplant ist, dass diese Einheit vor Ort bleibt. So könnten wir den Menschen noch umfassender und nachhaltiger helfen.

Liebe Grüße und Gottes Segen, Dr. Kirsten Holst

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Serie: Leben in Haiti

Annelies hat angeregt, in einer kleinen Serie in den nächsten Rundbriefen verschiedene Lebensläufe von Haitianern und Haitianerinnen vorzustellen, damit wir Haiti-Interessierte uns ein besseres Bild von den Lebensumständen und Herausforderungen im Land machen können. Sie wird dafür Menschen in ihrem Umfeld interviewen und zu ihren Sorgen, Ängsten und Hoffnungen befragen.

Den Anfang macht im nächsten Rundbrief Jean-Joseph, ein 54-jähriger Familienvater. Er ist Kleinbauer, der sehr unter den schlechten Böden und den immer wieder ausfallenden Ernten leidet und sich fragt, wie er seine vier Kinder ernähren und ihnen eine Schulbildung ermöglichen soll.

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Frohe Ostern

Der Vorstand wünscht allen Leserinnen und Lesern ein gesegnetes Osterfest und bedankt sich wie immer für die Unterstützung.

Thomas Wiedmann, 1. Vorsitzender

Text & Redaktion: Janina Lea Gutmann